Menschen begleiten

Seit der Konfirmation besuche ich nur selten einen Gottesdienst und bin nicht kirchlich engagiert. Trotzdem kam der Wunsch, Pfarrerin zu werden, noch vor dem Wunsch, Theologie zu studieren. Ich bin zu wenig akademisch veranlagt, um ohne Berufsziel zu studieren. Und mir war schon am Gymnasium klar: Ich will Menschen begleiten. Am liebsten nicht nur medizinisch oder psychologisch, sondern ganzheitlich.

Dass ich den Pfarrberuf überhaupt in Erwägung zog, hatte einerseits mit positiven Erfahrungen in meiner Kirchgemeinde zu tun. Dort gab es Raum für Gemeinschaft und Engagement, für Glauben und Fragen, aber keinen Druck. Es wurde vieles angeboten und gleichzeitig nichts gefordert. Hinzu kam eine Informationsquelle in der eigenen Familie. Meine Eltern waren nicht sehr religiös. Doch als mein Vater sich beruflich neu orientieren wollte, empfahl ihm der Berufsberater, Orgelbauer oder Pfarrer zu werden. Er entschied sich für letzteres und begann mit dem Theologiestudium. Als ich selbst an die Uni kam, stand er ein Jahr vor dem Abschluss. Es machte uns beiden Spass, gemeinsam zu studieren. Ich profitierte bei meinem Einstieg von seinen Erfahrungen und konnte ihn als Nachhilfelehrer in Anspruch nehmen.

Beim Studium empfinde ich dasselbe wie beim Pfarrberuf: Es verbindet fast alles, was mich interessiert. Klar, ich fluche hin und wieder, weil ich vieles nie brauchen werde. Aber ich merke auch, wie wichtig es ist, eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung zu haben. Es hilft mir, Anwendungsbereiche der Theologie kennenzulernen. So geben mir das Seelsorgepraktikum und die Aussicht auf das kirchliche Praxissemester, das ich bald beginne, neuen Schwung. Ich werde wieder daran erinnert, wofür ich studiere.