Wir dürfen Fehler machen

 

Ich bin ein Cevianer. Als Jugendleiter habe ich gemerkt: hier läuft es unkompliziert, wir legen einander keine Steine in den Weg. Mir wird etwas zugetraut, und wenn ich einen Fehler mache, helfen die anderen. Als ich bei einem meiner ersten Lager als Hilfsleiter für die Reise verantwortlich war, stieg ich mit der Gruppe in den falschen Zug und wir verpassten das Postauto, das nur dreimal täglich fuhr. Alle nahmen es sportlich, ein Teil ging zu Fuss und für die anderen leistete das Küchenteam einen Shuttleservice. Trotzdem lernte ich dazu und verpasste nie wieder einen Zug mit einer Gruppe.

Dass in meinem Cevi-Team auch Fragen rund um Gott und die Bibel diskutiert wurden, weckte mein Interesse am Glauben. Ich stellte fest, dass die Leute in meinem Umfeld unterschiedliche Ansichten hatten. Was ich vom reformierten Pfarrer hörte, sagte mir zu. Es passte zu der Erfahrung, dass nicht alles so einfach gestrickt ist im Leben. Ich überlegte mir, Theologie zu studieren, wollte aber zunächst eine kürzere Ausbildung machen und wurde Primarlehrer. Nach zwei Jahren Berufstätigkeit bin ich dann doch ins Theologiestudium eingestiegen.

Den Pfarrberuf finde ich spannend. Theologischen Fragen nachgehen können, Beziehungen pflegen, Projekte verwirklichen: das ist genau das, was ich machen möchte! Ich schätze auch die Kirche als Institution. Es ist genial, dass sie überall präsent ist und es in den abgelegensten Dörfern ein Seelsorgeangebot gibt. Bezüglich Strukturen und Kultur könnte sie sich aber einiges vom Cevi abschauen. Sie sollte Menschen ermächtigen, Freiwillige wertschätzen und nicht mit Bürokratie belasten. Und sie sollte flexibel genug sein, um lokale Initiativen unkompliziert zu unterstützen. So wie die unserer Cevi-Gruppe in der Pandemie: Wir haben über hundert kleine Lebkuchen gebacken und sie mit einem Grusskärtchen an die Betagten im Dorf verteilt.

Patrik Baumann: "Wir dürfen Fehler machen"