Ein Stück Heimat

 

Pfarrerin zu werden, das war ein Jugendtraum von mir. Nach dem sehr frühen Tod meines Vaters habe ich Halt und Trost gefunden im Glauben. Doch als junger Mensch traute ich mir den Pfarrberuf nicht zu. Ich studierte Rechtswissenschaft, wurde Anwältin und spezialisierte mich auf Völkerstrafrecht. Während mehr als fünfzehn Jahren arbeitete ich am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, in Sarajewo, Pristina und Genf.

Trotz reicher Jahre in meinem Beruf kam ich an den Punkt, an dem ich mir eine Veränderung wünschte. Der theologische Studiengang für Quereinsteigerinnen ermöglicht es, mir meinen Jugendtraum zu erfüllen und Pfarrerin zu werden. Die in der Bibel überlieferten Geschichten von Gottes Weg mit den Menschen faszinieren mich. Sie möchten in die heutige Zeit hineinerzählt werden. Und auch heute möchte Gott mit uns unterwegs sein.

Aus meinem bisherigen Berufsleben bringe ich einen Rucksack voll wertvoller Erfahrungen mit. Ich habe aus der Zusammenarbeit mit Menschen verschiedener Kulturen viel gelernt: das aktive Zuhören, im Team gemeinsam Projekte entwickeln und durchführen, «thinking out of the box», meine eigenen Grenzen kennen. Während all dem ist die Gewissheit gewachsen, dass Gott einen langen Atem hat und wir im Vertrauen auf ihn jeden Tag wieder das Unmögliche wagen können.

Ich wünsche mir eine Kirche, die ein offenes Haus ist, in dem Menschen aller Altersgruppen Inspiration und Begleitung finden und Gemeinschaft erleben. Als Pfarrerin werde ich es mit Menschen aller Generationen zu tun haben. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass sie in der Kirche ein Stück Heimat erleben können. So wie ich selbst: Aus beruflichen Gründen bin ich immer wieder umgezogen und wurde in jeder neuen Kirchgemeinde mit offenen Armen aufgenommen.