Ein Raum der Freiheit

 

Meine Jugend war vom Cevi geprägt. Schon als Kind ging ich zur Jungschar und stieg bis zum Abteilungsleiter auf. Die Abenteuer, die wir draussen im Wald erlebten, die Gemeinschaft – das war meine Welt, mein Sehnsuchtsort. Ich erinnere mich auch, wie mich die biblischen Geschichten faszinierten, die ich von Zuhause wenig kannte. Sie wurden nicht vorgelesen, sondern nacherlebt: Da kletterte einer auf die Schultern des anderen und spielte den übermächtigen Goliat, während der kleine David ihn mit der selbstgebastelten Steinschleuder beschoss.

Am Gymnasium kamen viele von uns aus einem ähnlichen Milieu, während wir beim Cevi ein bunt gemischter Haufen waren: Kinder aus allen Schichten, aus Familien mit und ohne Bezug zur Kirche. Es war für mich und andere ein Raum der Freiheit, in dem nicht nur die Massstäbe der Schule und Gesellschaft zählten. Wir bauten uns dort unsere eigene Welt, mussten nicht immer konform sein und leistungsorientiert.

Jahre später, als Familienvater und Gymnasiallehrer, fand ich wieder einen stärkeren Zugang zum Glauben. Ich engagierte mich in der reformierten Kirche und merkte: Die Kirche ist auch so ein Raum der Freiheit, oder könnte es zumindest sein! Als meine befristete Stelle an der Schule auslief und ich mich neu orientieren musste, entdeckte ich den Wunsch in mir, Pfarrer zu werden. Die Arbeit, die ich in der Freizeit ehrenamtlich verrichtete, erfüllte und inspirierte mich mehr als mein Beruf. So entschied ich mich für den Quereinstieg ins Theologiestudium.

Meine Hoffnung ist es, etwas von der Cevi-Kultur, die mich als Jugendlicher begeistert und geprägt hat, in die Kirche zu tragen. Kirche soll ein Raum sein, in dem christliche Werte gelebt werden und Menschen Orientierung finden. Alle Leute – Handwerker, Sportbegeisterte, Randständige – sollen in der Kirche etwas von der Güte und Gnade Gottes spüren können.

Daniel Alder: Ein Raum der Freiheit