Die ganz grossen Fragen

 

Die ganz grossen Fragen haben mich bewegt. Wer sind wir? Was – wenn es Gott gibt – ist der Sinn im Leben? Ich liebte die endlosen Diskussionen mit Freunden und verwarf den Plan, Ingenieur oder Arzt zu werden, um Theologie zu studieren. Die Freude an den biblischen Texten trug zu der Entscheidung bei. Wie diese das Leben reflektieren – das, was wir Menschen sind und was uns ausmacht, auf den Punkt bringen – ist grossartig.

Die Gespräche und die Gemeinschaft ausserhalb des Hörsaals prägten mich in den ersten Studienjahren stärker als das Studium selbst. Vieles, was ich von Zuhause nicht gut kannte, lernte ich nun kennen: das evangelische Liedgut, liturgische Formen, intellektuell und existentiell anspruchsvolle Diskussionen mit Gleichaltrigen. Erst später, nach einem Studienjahr in Schottland, tauchte ich in die Welt der Wissenschaft ein. Wie prägt Religion die Gesellschaft? wollte ich wissen. Nach dem Abschluss ergriff ich die Gelegenheit, eine Doktorarbeit zu dieser Frage zu schreiben.

Als ich danach eine Pfarrstelle suchte, war klar: Ich will in einer Kirche arbeiten, die die Fragen und Themen der Gesellschaft aufnimmt. In der Matthäuskirche der Kirchgemeinde Luzern fand ich eine Gemeinde, die dieses Anliegen teilt. Als Kulturkirche hören wir zu, suchen Berührungspunkte mit Kunst und Kultur, diskutieren auf Augenhöhe mit der Welt. Wir arbeiten mit Theater, Stadt und Künstlern zusammen, um ihre Themen aufzunehmen und mit unserer gelebten kirchlichen Tradition zusammenzubringen. Ich wünsche mir, dass Menschen in der Kirche neue Zugänge erhalten, erleben, wie aktuell die biblischen Texte sind und wie oft sie dieselben Fragen aufwerfen wie das Theaterstück, das sie soeben gesehen haben.

Einige empfinden unsere Kunstaktionen als befremdlich. Sie sagen, die Kirche solle sich zurückhalten und Denkmalpflege betreiben. Ich sehe es anders: Die Kirchen in den Städten müssen bespielt werden! Sie sollen in der Gesellschaft präsent sein, und die Gesellschaft soll in ihnen präsent sein.